Ein neues politisches Subjekt? So ist das nur ein organisations alchimistischer Vorschlag

Das Wahlergebnis von Rifondazione Comunista ist negativ, insbesondere im Norden. Wenn wir den zusammengefassten Wert der Provinzwahlen mit dem vorangegangenen Wahlgang vergleichen, verlieren wir ca. 1,8%. Bei den Kommunalwahlen beträgt der Saldo zu den vorangegangenen Kommunalwahlen in den Provinzhauptstädten 1,2%. Wenn man dann einen Vergleich zu den Parlamentswahlen von 2006 ziehen sollte, werden die Ergebnisse noch negativer.

Dass hinter diesen Resultaten ein generelles politisches Problem steckt, das mit der gegenwärtigen Stellung Rifondazione Comunistas in der Regierung und – allgemeiner – mit ihrem politischen Profil zu tun hat, ist offensichtlich. Die ersten Reaktionen, die aus der Partei kommen, sind allerdings nicht überzeugend.

Die eher voreilige These, die man in einigen Beiträgen hört, lautet, dass es angesichts der erlittenen Niederlage und der Verantwortung der moderaten Regierungspolitik dafür nur eine einzige Lösung gibt: Eilig Rifondazione, Verdi (Die Grünen), den PdCI und die Sinistra Democratica (Demokratische Linke) zu vereinen, um bei den kommenden Wahlen mit einer einzigen Liste anzutreten.

Ich habe den Eindruck, dass man mit dieser Art die Frage anzugehen, nirgendwohin kommt.

Erstens ist eine ernsthafte Selbstkritik bezüglich der von unserer Partei getroffenen Entscheidungen notwendig. Ich übergehe die ständigen Linienschwenks der letzten Jahre, die durch fortwährende Wechsel von der “Bewegungsorientiertheit” (movimentismo) zur “Regierungsfixiertheit” (governismo) gekennzeichnet waren. Beschränken wir uns auf die letzte Periode. Stimmt es oder stimmt es nicht, dass der Übergang zu Prodi-2 von einem Großteil der Führungsgruppe der Partei als ein reiner Akt der Kontinuität betrachtet und dabei seine wahre Bedeutung, das heißt der Druck von moderater Seite, komplett unterschätzt wurde. Ist man vielleicht nicht mit großer Leichtigkeit über die Bedeutung hinweggegangen, die Prodis 12-Punkte-Katalog hatte? Und der Nachdruck, der auf den Vorschlag einer Friedenskonferenz für Afghanistan gelegt wurde? Und jetzt die Sympathie für eine Lösung – die mir sehr diskussionswürdig erscheint – in Sachen Lanzilotta-Gesetz ? Die Wahrheit ist, dass man den Charakter der Regierung und den Druck, den die moderaten Komponenten in ihrem Innern ausüben, komplett unterschätzt hat. Und stimmt es vielleicht nicht, dass die Ankündigung der Steuermehreinnahmen (das famose Schatzkästchen / Tesoretto) in der Leitungsgruppe die Illusion geweckt hat, alles würde viel einfacher, weil es mehr Ressourcen gäbe? Eine Illusion, die sich binnen kurzer Zeit als falsch erwies.

Die zweite Überlegung betrifft den Vorschlag die Schaffung einer neuen Partei zu beschleunigen bzw. – in einer Light-Version – die Aufstellung einer gemeinsamen Wahlliste der Kräfte links von der Demokratischen Partei (PD). Um diesen Vorschlag zu untermauern werden die Wahlergebnisse nach eigenem Wohlgefallen benutzt und das herausgelesen, was einem gelegen kommt. So wird im Falle Tarantos die Koalition um Stefànos Kandidatur herum als das linksalternative Bündnis dargestellt. Schade nur, dass auch die UDEUR, der neue PSI und die Democrazia Cristiana (DC) dazugehört. Dasselbe wurde für Ancona behauptet, wo sich die Mitte-Linke geeint präsentierte. Ebenso wenig wird berücksichtigt, dass bei jenen Erfahrungen die einzelnen Kräfte in jedem Fall autonom antraten, auch wenn sie in Bezug auf die Figur des Bürgermeisters übereinstimmten. Gleichzeitig wird nicht erwähnt, dass in den Kommunen, wo eine gemeinsame Liste der alternativen Linken in den verschiedenen Formen antrat, das Wahlergebnis desaströs war. Die Wahrheit ist, dass man das Wahlergebnis in verzerrter Weise so interpretieren will, dass es eine bestimmte These unterstützt. Will heißen, dass mit einer neuen Partei oder einer neuen Liste die Probleme gelöst würden. Wir sind wieder beim “Politikastertum” angelangt, bei der Illusion von den “leeren Räumen”, die auf der Linken gefüllt werden könnten, im Rahmen einer Logik, die aus den sozialen Inhalten völlig herausgerissen ist, in der (ebenfalls zentraler) Verdrängung der Frage der Identität der Partei, das heißt dem Streben nach einer Neubegründung des kommunistischen Denkens und Handelns. Während man so vorgeht, ist die Einflussnahme auf die politischen Entscheidungen der Regierung seitens der alternativen Linken schwach.

Das Wahlergebnis stellt ein unmissverständliches Signal dar, dass uns etwas über die Dringlichkeit einer politischen Initiative sagt. Nicht nur die Regierung verliert an Zustimmung und zieht dabei das Olivenbaum-Bündnis und Rifondazione Comunista hinter sich her, die mehr als alle anderen für diese Entscheidungen bezahlen. Deutlich wurde auch die Tendenz der entstehenden Demokratischen Parte, eine Wende ins Moderate zu verstärken und zwar in dem Versuch einigen sozialen Schichten des Nordens in den Steuerprotest zu folgen sowie in dem Nachdruck, der auf das Thema ‚Sicherheit’ gelegt wird und so weiter. An diesem Punkt wäre eine Niederlage bei der Verwendung der zusätzlichen Steuereinnahmen und vor allem bei der Auseinandersetzung um die Renten für die alternative Linke ruinös. Deshalb ist nicht nur eine große Entschlossenheit bei der Forderung nach der sozialen Verwendung der aus den Steuermehreinnahmen stammenden Ressourcen im Sinne einer Umverteilung notwendig, sondern man muss auch verhindern, dass die finale Lösung beim Thema ‚Renten’ zur x’ten “großen Übereinkunft” führt, die de facto zur Erhöhung des Rentenalters oder zu einer Reduzierung der Koeffizienten führt. Von diesem Standpunkt aus wäre es nötig auf der Grundlage einer fortgeschrittenen sozialen Plattform ein großes politisches und soziales Lager auf die Beine zu stellen. Diese Operation ist allerdings nicht möglich, wenn der einzige vorhandene Vorschlag einerseits in dem neuen “politischen Subjekt” besteht (das das Bündnisspektrum unvermeidlich begrenzt) und andererseits in der Delegierung der sozialen Vertretung an die Gewerkschaftsbünde (mit den bekannten Unsicherheiten, die diese Letzteren aufweisen). Auf diesen Grundlagen wird es sehr schwierig Kräfteverhältnisse zu verändern und Einfluss auf die Entscheidungen zu nehmen. Stattdessen bedarf es eines breiten und vereinten Lagers auf der Basis eines Vorschlags, der sich auf der Höhe der sozialen Frage befindet. Darauf hinzuarbeiten und die organisationsfetischistischen Alchimien sein zu lassen, ist die Aufgabe, die vor uns liegt.

Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern: * Rosso

Der Name * Rosso steht für ein Mitglied des Gewerkschaftsforums Hannover und der ehemaligen Antifa-AG der Uni Hannover, die sich nach mehr als 17jähriger Arbeit Ende Oktober 2006 aufgelöst hat (siehe: http://www.freewebtown.com/antifauni/ Rubrik „Aktuelles“).
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